Jubiläums-Seminar - 10 Jahre CIM Zentrum Muttenz - 18. Oktober 2001 - 17:30-19:00 Uhr

Wenn Ihr Unternehmen wüsste, was es alles weiss ...

Marco C. Bettoni
Fachhochschule beider Basel

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 Begrüssung

Sehr geehrte Damen und Herren,

wie angekündigt, befassen wir uns heute abend damit, "wie Wissensmanagement auch KMU helfen kann, mit dem bestehenden Wissenspotential effektiver und effizienter umzugehen" (Zitat aus Seminar-Ankündigung), mit Wissen also das im Unternehmen zwar vorhanden ist, dessen sich jedoch das Unternehmen nicht bewusst ist, und deshalb auch nicht nutzen kann.

Die Disziplin des Wissensmanagements hat sich seit ihrer Entstehung - Ende der 80er bzw. Anfang der 90er Jahre - dieser Problematik angenommen, ist aber inzwischen an einem Wendepunkt angelangt an dem Entwickler und Anwender gemeinsam einen grossen Entwicklungsschritt vornehmen müssten.

Wie eine aktuelle Umfrage der RWTH Aachen zeigt (*), treten bei der Implementierung von Wissensmanagement häufig Probleme auf, es mangelt an praktischen Lösungs-Ansätzen und -Methoden und - das füge ich hinzu - die Theorie ist oft unübersichtlich (sowie widersprüchlich und lückenhaft).

Beispielsweise wird im deutschen Sprachraum ein englischer Kernbegriff des WM von 99% der deutschen Autoren falsch übersetzt ('tacit' = implizit).

(*) Wahrnehmung und Realität in der Wissensmanagement-Praxis - Ergebnisse einer aktuellen Trendstudie zu den Problemlagen der Implementierung. T. Pfeifer, G. Hanel, H. Greif, W. Reiser, new management, Nr. 10, 2001.

Die Tatsache, dass WM sehr umstritten ist liefert einen weiteren Beweis für die kritische Situation dieser Disziplin: die Urteile bewegen sich von 'unmöglich' (Prof. Malik) über 'gescheitert', 'Modetrend', 'dasselbe wie e-Business', und 'Namenswechsel nötig' bis hin zu 'Kernkompetenz'.

Ich denke, dass wir im Wissensmanagement den erwähnten grossen Entwicklungsschritt gemeinsam schaffen können, wenn wir:

  1. erstens: uns auf DAS WESENTLICHE konzentrieren
  2. und zweitens: dieses Wesentliche auch RICHTIG TUN (in Lösungen umsetzen).

Dementsprechend haben wir in diesem Seminar 2 Teile vorgesehen:

  1. im ersten Teil werde ich darlegen was - aus meiner Sicht - für ein nachhaltiges WM WICHTIG ist. Es geht um Grunderfordernisse und um daraus abgeleitete Empfehlungen.
  2. im zweiten Teil wird ein prominenter Gastreferent ein Fallbeispiel im Detail presentieren also sozusagen veranschaulichen wie man WM 'RICHTIG TUT. Meine Damen und Herren, es freut mich sehr, unseren Gastreferent Hr. Christian Wiedemann bei uns begrüssen zu dürfen.
    Hr. Wiedemann ist Leiter des Geneva Knowledge Group (GKG), eine auf WM spezialisierte Beratungsfirma aus dem Umfeld von Prof. G. Probst, den Sie wahrscheinlich bereits als WM-Pionier von Weltruf kennen.

Dieses Wissensmanagement-Seminar hat also sozusagen "zwei Seelen in einer Brust", die eine - das Fallbeispiel von Hr. Wiedemann - die "sich an die Welt hält" und also sehr konkret sein wird, die andere - mein Beitrag über die Grunderfordernisse - die "sich vom Dust zu den Gefielden hoher Ahnen" hebt, wie Faust sagte, und also mehr philosophisch sein wird. Sie brauchen sich aber keine Sorgen zu machen, ich habe mich bemüht die Philosophie darin in sehr praxisnaher Form darzustellen.

Zwischen den 2 Teilen werden wir eine kurze Pause machen, die Fenster öffnen, usw. und am Ende des 2. Vortrags werden wir auf Ihre Fragen eingehen, hier im Plenum, aber auch später beim Apèro.

Einleitung

Was ist also wesentlich im Wissensmanagement?

Viele Dinge! Aber mehr als alle anderen das Verständnis für Wissen. Die Botschaft auf die ich mich heute konzentrieren will ist deshalb, dass

um Wissen besser zu nutzen (bzw. um zu wissen, was unser Unternehmen weiss) wir - Entwickler und Anwender - zuerst praktisches Wissen zweckmässiger verstehen sollten.

Mit "praktischem Wissen" meine ich hier Erfahrungswissen, d.h. Know-how und Know-why, also wie mache ich etwas und warum (aufgrund welcher Überlegungen) mache ich es so.

"Zweckmässig" und "Zweck" beziehen sich hier auf das Ziel, den Umgang mit Wissen aktiv zu gestalten - um Wissen besser zu nutzen - wie wir bald sehen werden.

Diese Botschaft fasst in einem gewissen Sinne meine gesamte berufliche Biografie zusammen, 30 Jahren in denen ich - zuerst als ETH-Student und dann als Ingenieur - mich mehr und mehr - in Aus- und Weiterbildung, in Forschung und Entwicklung sowie in der Beratung - mit dem Thema "Wissen" befasst habe.

In diesem Jahr feiere ich beruflich 3 Jubiläen: 30 Jahre in der Schweiz (1971), 20 Jahre in der Forschung und Beratung auf dem Gebiet der Künstlichen Intelligenz (1981) und 10 Jahre am CZM als Dozent für Wissenstechnologien (1991).

Davor bin ich 14 Jahre lang in den Bereichen technische Kybernetik, Maschinenkonstruktion, Organisation und Informatik tätig gewesen.

Und 14 Jahren sind auch her seit dem mich Prof. Gilbert Probst nach St. Gallen an die HSG einlud um an einer internationalen Konferenz (1st European Conference of the American Society for Cybernetics) meinen ersten akademischen Vortrag zu halten.

Wenn sie mich nun genauer fragen würden, "Ja, was wissen Sie alles aus diesen Erfahrungen?", dann müsste ich auch - wie wahrscheinlich jeder von uns - ehrlicherweise antworten: "Ach, wenn ich nur wüsste, was ich alles weiss ...".

Und genau dieses Problem des Mangels an Übersicht über das eigene Wissen auf der persönlichen, individuellen Ebene, der besteht - in abgewandelter Form - auch auf der Ebene von Teams, von Abteilungen, von ganzen Unternehmen und Organisationen.

Und gerade Wissen ist mehr und mehr auch für das gesamte Unternehmen eine Herausforderung geworden: Viele Umfragen und Studien haben in der Tat in den letzten Jahren gezeigt, dass die Unternehmen mehrheitlich "nicht wissen, was sie wissen" und deshalb einen grossen Anteil des ihnen zur Verfügung stehenden Wissens nicht nutzen, in gewissen Fällen - so die Schätzungen - sogar weniger als die Hälfte.

Dadurch liegen die Wettbewerbsfähigkeit, der Wert und die Attraktivität des Unternehmens tiefer als wenn auch dieses brachliegende Wissenspotential genutzt werden würde (um durchschnittlich 30% gem. Fraunhofer Studie). Letzten Endes führt das dazu, dass die Unternehmen weniger erfolgreich sind, als sie sein könnten, sowohl wirtschaftlich als auch in menschlich-sozialer Hinsicht.

Was können wir tun? Um das Wesentliche richtig zu tun müssen wir zuerst einige Grunderfordernisse ernst nehmen und erfüllen.

Mein Ziel in diesem Vortrag besteht deshalb darin, einige dieser Grunderfordernisse zu entwickeln und daraus Empfehlungen abzuleiten.

 

Aufbau des Vortrags

Dafür ist mein Vortrag in 3 Teile gegliedert: I. Probleme (5'), II. Wissen zweckmässiger verstehen (15') und III. Empfehlungen (5').

Ich beginne mit der Darstellung der Problemsituation, erwähne auch die Aktualität des Wissens und zeige mit 3 kurze Fallbeispiele konkrete Probleme aber auch mögliche Lösungen. Danach folgt der Hauptteil meines Beitrags in dem ich - gestützt auf meinen Erfahrungen insbes. im Bereich der Künstlichen Intelligenz - zeigen möchte dass und wie grundlegende Aspekte des Wissens zweckmässiger verstanden werden sollten um den Umgang mit Wissen zu verbessern. Zum Schluss werde ich 5 Empfehlungen daraus ableiten die andeuten, was grundsätzlich zu tun ist um praktisches Wissen im Unternehmen besser zu nutzen.


Teil I : Probleme

Wann liegt ein Problem mit der Nutzung des Wissens vor?

Nutzung des Wissens: Probleme

Offensichtlich haben wir ein Nutzungsproblem, wenn Schlüsselpersonen - auf denen allein gew. Kompetenzen konzentriert sind - die Firma verlassen, so dass ihr Wissen plötzlich gar nicht mehr zur Verfügung steht. Weniger offesichtlich sind Nutzungsprobleme z.B.:

wenn Wissen, dass extern eingeholt wird, intern nicht oder ungenügend weitergegeben wird.

wenn Wissen, dass intern entwickelt wird und für mehrere Mitarbeiter nützlich wäre, nur vom Entwickler selbst genutzt wird (vom Wissensträger).

wenn Wissen, dass beim Kundenkontakt gebündelt vorliegen sollte, hingegen stark verzettelt ist.

wenn Wissen, dass in Arbeitsgruppen und Projekt-Teams erarbeitet wird, bei ähnlichen Projekten später nicht mehr verfügbar ist.

wenn Wissen, dass an Nachfolger übertragen werden sollte, nur mangelhaft übergeben werden kann.

wenn Spezialwissen der Firma intern schlecht vermittelt wird

In all diesen Fällen kann man sagen, dass das Unternehmen im Grunde genommen 'nicht weiss, was es weiss'. Beachten Sie, dass diese Probleme auf der Ebene des 'Umgangs mit Wissen' eine gemeinsame Ursache haben und gerade diese Gemeinsamkeit ist auch der Ansatzpunkt für die Analyse und die Suche nach Lösungen (für eine bestmögliche Nutzung des Wissens).

Was ist aber das, was 'das Unternehmen weiss' (unabhängig davon ob bewusst oder unbewusst), die sogen. 'Wissensbasis' des Unternehmens?

Was weiss unser Unternehmen ?

Gegenstand des Wissens im Unternehmen sind üblicherweise Produkte, Technologien, Kunden, Märkte, Organisation, Projekte, usw. (manchmal auch Menschen).

Das Wissen über diese Themen (Inhalte) befindet sich oft an vielen unterschiedlichen 'Standorten' wie z.B. in Reklamationen, in Kundendienstberichte, Protokolle von Besprechungen, Dokumente, Internet/Intranet, Datenbanken, Systeme, Prozesse, Aufbauorg., Ablauforg usw.

Am WICHTIGsten ist aber in der heutigen Situation immer mehr das praktische Wissen in den Köpfen der Mitarbeiter: Warum ?

Aktualität des praktischen Wissens

Warum ist praktisches Wissen heute so wichtig? Ich sehe folgende Kausalkette:

Am Anfang steht der Trend zur Kundenorientierung, der sich von Jahr zu Jahr verstärkt:

Weil die Kunden mehr und mehr die Trends definieren und über den Erfolg (oder Untergang) eines Unternehmens mehr und mehr entscheiden, sind die Firmen gezwungen ihre Organisation (Leistungserbringung, Infrastruktur) mehr und mehr auch an die Kunden zu orientieren.
Zwischen 'shareholder' (Finanzmarkt) und Kunden (Absatzmarkt) stehen die Unternehmen mehr und mehr den Zwängen der Wirtschaft ausgeliefert ähnlich wie erhitzter Stahl der zwischen Hammer und Amboss den Schlägen des Schmieds unterliegt.

Dann verläuft damit gekoppelt auch die stetige Beschleunigung des Wandels:

Kürzere Entwicklungszeiten (time to market), kürzere Lieferfristen (just in time), raschere Umstellungen (BPR, Flexibilität), kürzere Innovationszyklen: für das Unternehmen entsteht damit das Bedürfnis, die Reaktionszeit stetig zu senken.

Und zum Schluss - mit den erwähnten 2 Trends ebenfalls gekoppelt - steigen auch die Qualitätsansprüche stetig:

die Kundenerwartungen steigen, die gesetzliche Auflagen werden umfangreicher, der Mythos der‘shareholder value' verlangt seine Opfergaben, der Zwang zur Anpassung an weltwirtschaftliche Veränderungen verstärkt sich, die Einflussfaktoren auf Motivation und Leistungswille der Mitarbeiter ändern sich (interessante Aufgaben und 'sich selbst führen‘ statt Lohn und Karriere).

Es ist vor diesem Hintergrund, dass praktisches Wissen mehr und mehr die Rolle des entscheidenden Erfolgsfaktors im Unternehmen spielt: Warum?

Technik (T) und Organisation (O) lassen sich nicht so schnell und so zweckmässig umstellen wie es die Kopplung von kürzer werdenden Reaktionszeiten mit steigenden Qualitätsansprüche erfordern würde. Der Mensch (M) hingegen, hat die Fähigkeit, sich Neuem anzupassen und entwickelt dabei "Erfahrungswissen", Know-how (und Know-why).

Aus der kontinuierlichen Kombination von Fachwissen und praktischer Erfahrung entstehen dann laufend sowohl neue Kompetenzen als auch neue Möglichkeiten der Verwirklichung ideeller Aspirationen: erst die ausgewogene Kombination dieser 2 Faktoren machen das Unternehmen längerfristig wirtschaftlich konkurrenzfähig und menschlich-sozial attraktiv.

Was heisst es nun konkret, dass praktisches Wissen ungenügend genutzt wird? Dazu folgende 3 Fallbeispiele:

Fallbeispiel 1 - Pfister Systemtechnik GmbH

Pfister Systemtechnik GmbH in Augsburg (250 MA, 80 Mio DM Umsatz in 2000) ist weltweit eine der führenden Anbieterinnen von Dosier- und Wägetechnologien sowie dazu gehörenden technischen Dienstleistungen. Eine intensive Kundenbetreuung ist Wettbewerbsentscheidend, aber da gibt es Probleme wenn z.B. ein Kundenbetruer abwesend ist. Kundenbetreuer-Wissen ist mehrheitlich nur individuell verfügbar und zugänglich und kann kaum von Stellvertreter oder Nachfolger genutzt werden.

Zur Lösung dieses Problems wurden Wissenslandkarten (wo ist welches Wissen und in welchen Aufgaben wird es benötigt) erarbeitet, Projekt-Historien (vom Angebot bis zum Service, z.B. Fehlerhistorien) angelegt und Mitarbeiterprofile erstellt. Über eine Intranetlösung wurde dieses Wissen zugänglich gemacht.

 
Fallbeispiel 2
- KEIPER GmbH & Co

KEIPER GmbH & Co in Kaiserslautern (4600 MA weltweit, 1 Mia DM Umsatz 2000) produziert hochwertige Metallkomponenten für Fahrzeugsitze (Marke Recaro). Die Lebenszyklen von Automobilen werden immer kürzer so dass Kundenanforderungen in kürzester Zeit umgesetzt werden müssen. Zur Lösung dieses Problems will Keiper vor allem die Wiederholung von Fehler vermeiden.

Umgesetzt wird das wie folgt: a) Die Erfahrung aus spezifischen Aufträgen wird in der Form von Lastenhefte für neue Produkte festgehalten; b) Der Erfahrungsaustausch zwischen den kundenspezifischen Teams wird gefördert erstens durch monatliche Expertenkreise zu gruppenübergreifenden Themen und zweitens mit Diskussionsforen im Intranet; c) Geplant ist auch, das Produktdaten-Management-System durch die Mitarbeiter mit ihren ständig neu entwickelten Erfahrungswissen ergänzen zu lassen.


Fallbeispiel 3
- HEITEC

Die Firma Heitec in Erlangen (weltweit ca. 500 MA) realisiert Standardapplikationen und kundenspezifische Lösungen u.a. im Bereich Automatisierung (weitere: Elektronik und Dokumentenmanagement). Im Bereich des Service an Maschinen und Anlagen besteht das Problem, dass Service-Wissen (sowohl Dokumente der Anlage als auch Know-how der Service-Mitarbeiter) sich über den Lenbenszyklus einer Anlage verändert und an die einzelnen Mitarbeiter gebunden bleibt und somit nur individuell genutzt werden kann.

Heitec entwickelte ein System in dem der Techniker bei jedem Servicefall Ursachen und Lösungswege eingibt. Dazu ist das System in der Lage Anlage-Meldungen & -Alarme aufzeichnen, Anleitungen & Anlagemodell zu speichern sowie alle Meldungen zu den betroffenen Bauteilen, Ursachen, Lösungeswege sowie untereinander zuzuordnen. Bei einem späteren Fall kann der Service-techniker ähnliche Meldungen früherer Fälle suchen und deren Ursachen und Lösungswege nutzen.


TEIL II - Wissen zweckmässiger verstehen

Was muss nun ein Unternehmen tun um solche Probleme als Wissensprobleme zu identifizieren und zu verstehen sowie um geeignete Lösungen zu konzipieren und Schwierigkeiten bei der Umsetzung zu vermeiden?

Ein entscheidender Punkt - aus meiner Sicht - ist, dass einige grundlegende Aspekte des Wissens zweckmässiger verstanden werden müssten als dies in der Unternehmenspraxis üblich ist.

 

Verständnis von Wissen

Wenn wir das Ziel verfolgen wollen, den Umgang mit Wissen aktiv zu gestalten, dann ist das etablierte Verständnis von Wissen (sei es im betrieblichen Umfeld, aber auch im Alltag und in den Wissenschaften) unzweckmässig.

Zu dieser Erkenntnis bin ich durch meine Erfahrung in Projekte der Wissensautomatisierung gekommen: dort geht es darum praktisches Wissen zu modellieren (sowohl in der Vorstellung als auch in Dokumente) und dieses Modell dann in einer computervertraglichen Form abzubilden, so, dass der Computer automatisch wissensintensive Routineaufgaben (wie z.B. die Veranlagung von Steuererklärungen) erledigen kann.

Ein aktuelles Beispiel ist die Automatisierung der Auswertung von Steurerklärungen, ein externes Projekt, das ich zusammen mit der Steuerverwaltung Baselland durchführe. Wir können den Veranlager zwar nicht ersetzen, aber ihn bei der grossen Menge routinemässiger Veranlagungen unterstützen. Voraussetzung dafür ist, das Wissen der Veranlager zu modellieren und in einer compu-terverträglichen Form abzubilden.

Dass unser Verständnis von Wissen in der Wissensautomatisierung - als auch in anderen Wissenstechnologien - unzweckmässig ist, habe ich erfahren z.B.:

als sogen. knowledge engineering paradox

In den Projekten merkt man, dass der explizite Zugriff auf den grössten Teil des individuellen Wissenbestands (z.B. um es zu beschreiben) den Wissenstragenden umso schwieriger wird, je erfahrener und kompetenter sie werden.

als Flaschenhals und als Mangel an Methoden bei der Wissensmodellierung

Projekte der Wissenstechnologie scheitern (z.B. Expertensysteme - das wurde fast zum Schimpfwort) weil es nicht gelingt, das Wissen der Wissenstragenden richtig zu modellieren. Die Holländer haben KADS entwickelt, die weitaus beste Methodologie für die Entwicklung wissensbasierter Systeme. KADS ist ein wertvoller Beitrag zur Forschung, aber seine praktische Brauchbarkeit in der Praxis ist sehr beschränkt

als unüberwindbare Schwierigkeiten in der Künstlichen Intelligenz

In Bereich der Humanoiden Robotern z.B. werden weltweit enorme Finanzmittel investiert, aber mit mageren Ergebnissen.

als Mängel in der Software-Entwicklung

Die Kluft zwischen Anwender & Entwickler (Anforderungen verstehen), zwischen Entwickler und System (Spezifikationen implementieren) sowie zwischen System und Anwender (Verhalten anders als erwartet) haben ihre Wurzeln hauptsächlich in der Schwierigkeit, Wissen zweckmässig zu modellieren.

All diese und ähnliche Schwierigkeiten, sind darin begründet, dass wesentliche Aspekte des Wissens ungenügend reflektiert werden. Um zu einem zweckmässigeren Verständis von Wissen zu kommen schlage ich deshalb vor, einige grundlegende Aspekte des Wissens zu hinterfragen:

1.Wert des Wissens, 2.Mechanismus des Wissens, 3.Zustände des Wissens, 4.Komponenten des Firmenwissens, 5.Organisation des Wissens und 6.Umgang mit Wissen.

Der erste Aspekt ist der Wert des Wissens. Warum ist es wichtig, sich über den Wert des Wissens Klarheit zu verschaffen? Ganz einfach deshalb, weil wir uns bei jedem WM-Projekt auf das wertvolle Wissen konzentrieren sollten. Und es genügt nicht zu behaupten, "wertvoll" sei das "geschäftsrelevante" Wissen, denn das beschränkt sich auf eine zwar notwendige aber in keiner Weise hinreichende Bedingung.

Wert des Wissens

Ich denke, dass mindestens folgende 5 Kriterien für die Bestimmung des Werts notwendig sind: wozu?, wie?, wo?, wer? und warum?

A) Wozu und Wie

Analog zu anderen Instrumenten (z.B. ein Schraubenzieher) hat Wissen nicht an sich Wert sondern aufgrund seiner Funktion. Ein Schraubenzieher ist wertlos, wenn ich Zähne putzen möchte (und auch mit der härtesten Zahnbürste lassen sich keine Schrauben drehen).

Die entscheidende Frage ist nun: Worin besteht die Funktion des Wissens? Eine durch den Schweizer Psychologen Jean Piaget in den 30er Jahren in Genf gegründete Schule der Wissensforschung, der sogen. "Konstruktivismus" hat gezeigt:

B) Wo, Wer und Warum

Wo wirkt sich nun diese Anpassung im betrieblichen Umfeld, im Unternehmen aus? Dort wo Aufgaben bearbeitet, erfüllt werden. In den Geschäftsprozessen also: hier definieren Aufgaben (Objekt + Verrichtung, z.B. "Auftrag" + "bearbeiten") das was zu tun ist. Mit einer Aufgabe verknüpft ist immer auch ein Aufgabenträger, eine Mitarbeiterin (wer?) sowie ein spezifisches Aufgabenziel (warum?)

Allgemein bekannt ist der Ausdruck 'Konstruktion' im Zusammenhang mit Maschinenbau oder Bauwesen. Was ist aber unter 'Konstruktion' im Zusammenhang mit Wissen zu verstehen? Die Bedeutung ist sehr ähnlich.


Mechanismus des Wissens

Das Gehirn 'konstruiert' sein Wissen in dem Sinne, dass es nur das wissen kann was es selbst entworfen, gebaut und getestet hat. Der erste der das so formulierte war der italienische Philosoph Giambattista Vico um 1720. Prof. Walter J. Freeman, Neurophysiologe in Berkeley drückt das in seinem neusten Buch so aus:

" All that brains can know has been synthesized within themselves, in the form of hypotheses about the world and the outcome of their own tests of the hypotheses ..." (S. 90).

Freeman hat mit seinen Experimenten bewiesen, dass die Muster dem Organismus nicht von aussen aufgezwungen werden.

So wie ein Smart oder eine Swatch oder auch nur ein Schraubenzieher keine ‚Abbilder‘ der Umgebung sind, sondern nützliche Konstruktionen, so muss man sich auch die Wissens-Objekte die wir in unserem Kopf 'konstruieren' vorstellen.

Wissen wird oft als Abbild bzw. Modell der Umgebung beschrieben - was im Kontext des Wissensmanagements eine unpassende und deshalb verwirrende Metapher ist. Das ist nicht das, was das Gehirn macht. Nicht die Umgebung, sondern die individuelle Erfahrung des Wissensträgers (das Erlebnis) wird beim 'Konstruieren' modelliert.

Diese ideelle Konstruktion kann in einer greifbaren Form gebracht werden, z.B. als gesprochene oder geschriebene Sprache, als Zeichnung, usw. Es entsteht dann ein Abbild, aber nicht ein Abbild der Umgebung, sondern ein Abbild der Erfahrung, die durch den Text oder die Zeichnung oder anderen Mitteln 'veröffentlicht' wird.

Neben den bereits erwähnten G. Vico, I. Kant, J. Piaget und W.J. Freeman gehören auch E. von Glasersfeld, P. Watzlawick, E. de Bono und V. Birkenbihl zu den prominentesten Vertretern und Anwender des Konstruktivismus.

Wenn wir die Tätigkeit des Gehirns als Konstruktion statt Abbilden verstehen, dann können wir auch einen der Hauptgründe besser verstehen warum das Thema Wissensmanagement so umstritten ist sowie wenig greifbar und widersprüchlich scheint.


Zustände des Wissens

Der Grund liegt im Umstand dass sich Wissen in zwei Zustände unterscheiden läßt, einen stillen (tacit knowledge) und einen expliziten (explicit knowledge) Zustand.

Diese Unterscheidung hat sich in der WM-Literatur zwar durchgesetzt wird aber oft missverstanden, was dann Verwirrung stiftet.

Warum ist es so wichtig diese Unterscheidung gründlich zu verstehen? Der Hauptgrund ist, dass wir bei der täglichen Arbeit (unbemerkt) ständig Transformationsprozesse vom stillen zum expliziten Wissen (abbilden) und umgekehrt (konstruieren, interpretieren) ablaufen lassen.

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Stilles Wissen, der "Schatz in den Köpfen", ist jener Anteil des individuell vorhandenen Wissens, der nur in den Köpfen der Mitarbeiter vorhanden ist, also noch nicht ausdrücklich formuliert und somit auch nicht für andere zugänglich ist. Stilles Wissen besteht hauptsächlich aus Erfahrungswissen, passt sich also allen Situationen dynamisch an, gehört seinem/er Träger/In und geht mit diesem/er jeden Abend nach Hause.

Die im Bild verwendete Metapher des Eisbergs will veranschaulichen, dass das still vorhandene Wissen den grössten Anteil des Wissens einer Person ausmacht.

Beispiele: Daumenregeln (Heuristiken), Erfahrungen, Fertigkeiten (skills), Begabungen, bekannte Fälle (stories), Analogien, Ansichten, Werte

Mit dem Ausdruck "still" (Wissen im stillen Zustand) läßt sich hervorheben, daß wir uns des Wissens in diesem Zustand meistens nicht bewußt sind. Jeder von uns ist z.B. fähig einen Streichholz zu zünden, aber wenn gefragt wie wir dies tun haben wir Mühe das aus dem Stehgreif zu erklären: wir zweifeln z.B. ob wir das Streichholz von uns weg oder zu uns hin bewegen. Dasselbe gilt aber auch für den Vorgang des Aufstehens oder Absitzens, für das Velofahren usw.

Im betrieblichen Bereich finden wir stilles Wissen überall dort, wo praktisches Wissen zum Einsatz kommt, z.B. Kundengespräche führen, Maschinen bedienen, eine Reklamation bearbeiten, Kundenauftrag ändern, Fertigungsmöglichkeiten prüfen mit unerwartete Materialien, eine Mahnung behandeln, Entscheidungen aller Art treffen, usw.

Explizites Wissen geht aus stillem Wissen hervor, indem das "lebendige", dynamische stille Wissen in materiellen Träger (Artefakte) abgebildet oder besser gesagt verkörpert und damit sozusagen "eingefroren" wird. Solche Artefakte sind z.B. Handbücher, Gesetze, Berichte (Dokumente, inkl. Diagramme und Zeichnungen), Methoden, organisatorische Vorgehensweisen und Strukturen, Einrichtungen.

Nach der Modellierung und Abbildung von stillem Wissen sieht explizites Wissen in der Wissensautomatisierung z.B. wie folgt aus (Beispiele aus Projekte meiner Studenten und aus dem Steuerverwaltungs-Projekt):

Umgekehrt geht stilles Wissen aus explizitem Wissen hervor indem - aufgrund dieser Artefakte - Vorstellungen konstruiert werden (das ist die Tätigkeit, die wir 'interpretieren' nennen).

Wie sieht es nun aus mit dem stillen und expliziten Wissen auf Unternehmensebene ?


Komponenten des Firmenwissens

Jeder Mitarbeiter hat Zugang sowohl zu seinem individuellen Wissen, als auch zu einem Teil des kollektiven Wissens. Kollektives Wissen umfasst vereinbarte Vorgehensweisen, geteilte Werte, Einrichtungen, Berichte, Notizen, Zeichnungen, Datenbanken, usw. (siehe 3 Fallbeispiele).

Da aber alle Mitarbeiter das kollektive Wissen auf individuelle Art und Weise interpretieren (Umwandlung von explizit nach still), wird es auch Teil der individuellen ‚Eisberge‘.

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In den Fallbeispielen haben wir gesehen, wie das praktische Wissen eines Mitarbeiters oft nur ihm selbst zur Verfügung steht obwohl auch viele andere es dringend nötig hätten. Die Natur hat in Millionen von Jahren eine Lösung für dieses Problem entwickelt und die befindet sich in unserem Kopf, sowohl als 'Hardware' als auch als 'Software'.


Organisation des Wissens

Der deutsche Philosoph Immanuel Kant hat schon vor 220 Jahren in seinem Hauptwerk, Wissen als "ein Ganzes verglichener und verknüpfter Vorstellungen" beschrieben, d.h. als ein System von Verknüpfungen, als Netzwerk.

Der weltbekannte Kreativitätsforscher Edward de Bono hat sehr dazu beigetragen die Dynamik dieses Netzwerks praxisnah zu erklären. Er überrascht alle mit der Behauptung:

"Im praktischen Leben findet die meiste Denkarbeit auf dem Gebiet der Wahrnehmung statt"

... also nicht - wie allgemein behauptet wird - auf dem Gebiet der Logik, der nachfolgenden Weiterverarbeitung.

Gerade die Wahrnehmung, wo Computer im Vergleich zum Menschen noch völlig primitiv sind (und der Mensch im Vergleich zu vielen Tieren ebenfalls), soll nach de Bono für Denkarbeit also auch für das Wissen entscheidend sein. Und was passiert bei der Wahrnehmung ?

"Der Verstand ist (bei der Wahrnehmung) hervorragend dazu geeignet, hereinkommende Information zu einem Muster anzuordnen ..."

behauptet de Bono weiter. Ich würde da nicht von ‚Informationen‘ sprechen, sondern einfach von Signalen. D.h. in der Empfindung entstehende Signale werden miteinander zu einem vom Organismus bestimmten Muster angeordnet, verknüpft: auch auf der Ebene der einzelne Bausteine des Wissens spielt also die Vernetzung die entscheidende Rolle.

Die Idee der Vernetzung als Grundprinzip der Organisation des Wissens wird auch von Vera Birkenbihl - die berühmte Management-Trainerin und Bestsellerautorin - vertreten. Sie hat diese Idee sogar explizit in einem Denkmodell formuliert:

" ... Alles, was Sie je gelernt haben, ist ein Faden in einem gigantischen Wissens-Netz."

schreibt sie.

Diese Netz-Metapher ist sehr praxisorientiert denn sie veranschaulicht, a) warum uns manche Dinge schwer und manche leicht verständlich vorkommen; b) wie wir Vorstellungen bilden sollten, damit wir sie wieder finden.

Schlussendlich suggeriert auch der Aufbau des menschlichen Gehirns (A.R.Damasio, 1999, S.65) mit mehr als 10 Milliarden Nervenzellen (1010) und mehr als 10 Tausend Milliarden Verbindungen (1013 oder 10 Trillionen d.h. 103 bis 104 je Zelle) die Idee, dass Vernetzung auch als organisatorisches Prinzip für den Umgang mit Wissen grundlegend sein sollte.

Die Bezeichnung "Wissens-Management" verleitet Aussenstehende dazu zu denken, Wissen selbst sei direkter Gegenstand der Management-Massnahmen. Das ist u.a. die Meinung von Prof. Malik, der dann auch zum Schluss kommt, Wissen könne man gar nicht 'managen'. Ich erachte diese Auffassung als irreführend.


Umgang mit Wissen

Nicht das Wissen selbst, sonder der Umgang mit Wissen soll gestaltet, gesteuert und geregelt werden. Für mich hat also "Wissensmanagement" die Aufgabe, den Umgang mit Wissen (Objekt) zu organisieren (Verrichtung am Objekt).

Welche Formen kann aber der Umgang mit Wissen in einem Unternehmen, einer Abteilung, einem Team aber auch bei einem Individuum annehmen? Diese Frage ist sehr wichtig um eine gewisse Ordnung in die Problem-Analyse (wie geht das Unternehmen mit Wissen um?) und Lösungs-Synthese (wie sollte das Unternehmen mit Wissen umgehen) zu bringen.

 Vor ca. 5 Jahren hat die 'Geneva Knowledge Group' um Prof. Gilbert Probst in Zusammenarbeit mit Führungskräften verschiedenster Branchen praktische Wissens-Probleme identifiziert, die vorgefundene Problemstellungen gruppiert und zu grösseren Problemkategorien zusammengefasst. Als Ergebnis definierten sie 6 Aktivitäten als Kernprozesse des Wissensmanagements.

Dieses Prozessmodell ist im deutschen Sprachraum sehr verbreitet und das Buch in dem es in Dètail erläutert wird wurde sogar auf englisch übersetzt (was einmalig für die deutsche WM-Szene sein dürfte).

Wir am CZM arbeiten seit Jahren mit dem Prozessmodell von Probst und haben sowohl im Unterricht, wie auch in der Forschung und in der Beratung sehr gute Erfahrungen damit gemacht. Wir haben lediglich gewisse Bezeichnungen anders gewählt und die Darstellung etwas umgestellt, aber die Grundidee ist dieselbe geblieben.

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Teil III - Empfehlungen

 Zum Schluss möchte ich aus meinem Gedankengang 5 Empfehlungen ableiten, in denen ersichtlich wird, wie das Unternehmen aus der Sicht des Wissens betrachtet werden sollte um praktisches Wissen besser zu nutzen:


"Konstruktives Wissensmanagement": Eine zweckmässigere Wissensperspektive

1. Praktisches Wissen zweckmässiger verstehen

Als erstes empfehle ich, dass praktisches Wissen zweckmässiger verstanden werden sollte, d.h.:

- als Konstruktion, nicht als Abbild
- mit den Unterscheidungen still & explizit sowie individuell & kollektiv
- als vernetzte Organisation von Erfahrungen zu einem Ganzen
- als Grösse die nicht direkt sondern nur über Wissens-Prozesse - also indirekt - organisiert werden sollte.

2. Mitarbeiter als 1. Erfolgsfaktor von WM

Als wichtigste Konsequenz des beschriebenen neuen Verständnis von Wissen empfehle ich zu beachten, dass zwischen Wissen und Wissensträger eine unverzichtbare innere Verbundenheit besteht, ähnlich wie zwischen dem Bürger und seine Freiheit: Wissen muss also immer zusammen mit dem Mitarbeiter angegangen werden, mit dem es verbunden ist.

 

Viele Studien und Umfragen haben immer wieder betont, dass der Mitarbeiter als primärer Erfolgsfaktor von WM-Initiativen angesehen wird. Wir können jetzt auch erklären wieso das so ist. Und diese Erklärung ist notwendig, denn erst auf der Grundlage dieses Verständnisses kann die innere Verbundenheit zwischen Individuum und Wissen ernst genommen werden.

3. Wirtschaftlich-soziales Gleichgewicht

Aus der genannten inneren Verbundenheit zwischen Individuum und Wissen folgere ich, dass im Wissensmanagement zwischen Sachzwänge der Wirtschaft und menschlich-soziale Anforderungen ein sehr enger Zusammenhang besteht.

Achten sie also darauf, dass sie bei der Gestaltung und Umsetzung von Wissensmanagement ja nicht einseitig die Zwänge der Wirtschaft berücksichtigen, denn sonst werden sie mittel- und langfristig kaum vermeiden können, dass das eingeführte Wissensmanagement-System entweder nicht benutzt wird, oder scheitert oder gar zu einem Werkzeug der 'Ausbeutung' - in modernem Gewand - wird.

Ich habe solche Tendenzen mehrmals persönlich erlebt, z.B. in einem EU-Projekt, wo die Vertreter eines schweizerischen Weltkonzerns - die notabene in ihrer Abteilung Wissensmanagement dringend nötig hatten - durch ein überbordendes Wirtschaftsdenken dem Projekt geschadet haben.

In den führenden Wissensmanagement Ansätzen, Modellen und Projekten vermisse ich eine klare Stellungnahme zum Thema des wirtschaftlich-sozialen Gleichgewichts. In der praktischen Umsetzung fehlt dann eine wesentliche Grundlage und die WM-Massnahmen tragen dazu bei, dass Wissen von seinem menschlichen Träger mehr und mehr getrennt wird.

Diese Trennung zeigt sich in der Fachsprache sehr deutlich wo man viel zu viel von 'knowledge assets' (etwa 'Wissenswerte') spricht und viel zu wenig von der inneren Verbundenheit zwischen 'Wissen' und 'Mitarbeiter'.

Als Folge der Trennung entsteht dann ein Wissensmanagement welches die Mitarbeiter ausbeutet und an deren Widerständen scheitert. Die nach dem Scheitern folgenden, weitverbreiteten Schwanengesänge auf die sagenumwobene 'Unternehmenskultur' hören sich zwar einnehmend an, für eine praktikable, erfolgreiche Verbesserung sind sie aber ungenügend, wenn die genannte Trennung weiterbesteht.

4. "New pact" zwischen Firma und Mitarbeiter

Um die genannte Trennung zu vermeiden erachte ich einen Vorschlag von Prof. Giorgio de Michelis - Leiter des Laboratory of Cooperation Technology an der Universität Mailand - als zukunftsweisend. Darin empfiehlt de Michelis den Firmen mit ihren Mitarbeitern einen "new pact", einen neuen Pakt (man könnte sagen einen "Wissensvertrag") zu schliessen. Ein solcher Pakt lässt sich im Satz zusammenfassen: "Du lässt Dein individuelles Wissen fliessen, wir lassen das Firmenwissen fliessen".

5. Wissensträger & Wissen schützen und vernetzen

Last but not least empfiehlt das "Konstruktive Wissensmanagement", dass die Wissensprozesse so organisiert (gestaltet) werden sollten, dass stilles und explizites Wissen zusammen mit deren menschlichen Wissensträgerinnen und -träger gewürdigt, gefördert, geschützt und vernetzt werden sollten. Erst auf dieser Grundlage wird es dann möglich sein, praktisches Wissen im Unternehmen nachhaltig besser zu nutzen.

 

Vielen Dank für ihre Aufmerksamkeit.

 

Endnoten

1 Unterstrichen = Übergang zur nächsten Folie

2 1971-1977 Maschineningenieur ETH-Zürich / 1977 - 1991 Kybernetik-Assistent (ETH), Maschinenbau-F&E (Rieter), EDV-Organisator (UBS), Maschinenbau-Methodik (ETH), SW-Engineer (Siemens) , Knowledge Engineer (Schindler) / seit 1981 Forschung und Beratung im Bereich Künstliche Intelligenz / seit 1991 Dozent für Wissenstechnologien am CZM (Expertensysteme, Wissensmanagement).

3 eingerückte, kleine Teile = Vertiefung, d.h. werden nicht oder nur bedingt vorgetragen

4 Betonung auf "Umgang mit"!

5 D. A. Waterman, A Guide to Expert Systems, Addison-Wesley, Reading, 1986, S. 154.

6 'zweckmässiger' = führt uns effizienter, effektiver und nachhaltig zum Ziel, den Umgang mit Wissen zielgerichtet zu organisieren

7 W.J. Freeman, "How brains make up their minds", Columbia Univ. Press, New York, 2000

8 "The patterns [mesoscopic patterns of activity in the olfactory bulb of rabbits] are therefore created by the neurons within the bulbar population, not imposed from outside" (Freeman, S. 71).

9 "Modell der Erfahrung" meint hier ein (kohärentes, konsistentes) System von Verallgemeinerungen von vielen Einzelerfahrungen (empirische Einzelvorstellungen die sich als viabel erweisen) zu allgemeinen Regeln [Prinzip, Postulat, ?] die jene Erfahrungen unter sich vereinigen.

10 P.Schütt, Wissensmanagement, Falken/Gabler, 2000, S. 76 ff.

11 Kritik der reinen Vernunft, 1781, A 97.

12 Edward de Bono‘s Denkschule, mvg Verlag, 1990, S.54

13 de Bono, S. 58

14 das war auch was de Bono wahrscheinlich gemeint hat: um seine Ausdrucksweise zu vereinfachen - was seine Stärke ist - nennt er sie aber ‚Informationen‘

15 Der Birkenbihl Power Tag, mvg-Verlag, 2000, S.64

16 Interessenten können auf meiner Homepage den Text von Malik sowie meine Antwort dazu, beide im Sommer 2001 in der Basler Zeitung publiziert

17 > 50% der Stimmen (siehe: Futur, Heft 02/2000, Sonderheft über Wissensmanagement, Produktionstechnischen Zentrum (PTZ) Berlin)